Donnerstag, 9. Oktober 2014

[Rezension] tschick

Zwei Jungs. Ein geknackter Lada. 
Eine Reise voller Umwege durch ein unbekanntes Deutschland.


Wolfgang Herrendorf: tschick – Roman | Rowohlt Taschenbuch Verlag | 9. Auflage | 2014 | 254 Seiten


Mutter in der Entzugsklinik, Vater mit Assistentin auf Geschäftsreise: Maik Klingenberg wird die großen Ferien allein am Pool der elterlichen Villa verbringen. Doch dann kreuzt Tschick auf. Tschick, eigentlich Andrej Tschichatschow, kommt aus einem der Asi-Hochhäuser in Hellersdorf, hat es von der Förderschule irgendwie bis aufs Gymnasium geschafft und wirkt doch nicht gerade wie das Musterbeispiel der Integration. Außerdem hat er einen geklauten Wagen zur Hand. Und damit beginnt eine unvergessliche Reise ohne Karte und Kompass durch die sommerglühende deutshce Provinz.


Der vierzehnjährige Maik Klingenberg wohnt zusammen mit seinen Eltern in Berlin in einem Einfamilienhaus mit eigenem Pool im Garten. Er weiß bereits am ersten Tag der Sommerferien kaum noch etwas mit sich anzufangen. Als dann auch noch seine alkoholkranke Mutter in die Entzugsklinik eingewiesen wird, während sein Vater sich lieber auf sogenannte „Geschäftsreise“ mit seiner gutaussehenden Assistentin begibt (statt die Ferien mit seinem Sohn zu verbringen) ist die Langeweile endgültig besiegelt. Maik würde sich zwar selbst kaum als Langweiler bezeichnen, trotzdem lies das große Abenteuer bisher noch immer auf sich warten. Doch das sollte sich durch Tschick endlich ändern.

Tschick, der eigentlich Andrej Tschichatschow heißt und seit neuestem in Maiks Klasse geht, fährt eines Tages unerwartet mit einem gestohlenen alten Lada auf die Einfahrt, um gemeinsam mit Maik das Abenteuer seines Lebens zu beginnen. Trotz anfänglichen Misstrauens wird schnell klar, dass Tschick nicht nur cool und mindestens genau so unbeliebt bei den Mitschülern ist, wie Maik selbst, sondern, dass er auch verständnisvoll, chaotisch und liebenswürdig zugleich ist – der Beginn, einer außergewöhnlichen Freundschaft. Gemeinsam stürzen sie sich aus der Einsamkeit in eine wilde Reise und begeben sich mit dem gestohlenen Lada gen Süden in Richtung Walachei. Um diesem Ziel näher zu kommen, gilt es täglich neue Aufgaben zu bewältigen:

Ihre Reise durch Ostdeutschland in Richtung Süden führt über Felder, Feldwege und Autobahnen, vorbei an Rastplätzen und Müllhalden. Selbst auf Verfolgungsjagten mit der Polizei und Krankenhausaufenthalte wird bei diesem Abenteuer nicht verzichtet. Zugegebener Maßen wirkt die Geschichte an einigen Stellen übertrieben und lässt vor allem die beiden vierzehnjährigen Jungen viel erwachsener erscheinen, als sie es wohl sein sollten  - doch so kann es ruhig sein! Denn genau so stellt man sich als pubertierender Teenager seinen Roadtrip mit dem besten Kumpel vor.


Der jugendlich freche Sprachgebrauch zieht sich durch das gesamte Buch und bringt einen an so manchen Stellen zum Schmunzeln. Auch Aussagen wie „Ihr seid doch zum Ficken zu blöd!“ oder auch „Spastis“ und „Scheißkanake“ sind keine Seltenheit und dabei wohl sogar noch die Harmlosesten. Doch trotz des Wortwitzes und der vulgären Sprache kommen auch Themen wie Liebe, Freundschaft und Zusammenhalt nicht zu kurz, wodurch die Helden einem mit jeder Seite immer mehr ans Herz wachsen. Der leider bereits im August 2013 verstorbene Autor Wolfgang Herrendorf hat mit „Tschick“ einen Roman zum Leben erweckt, der die Träume vieler Jugendlicher miteinander vereint und gleichzeitig auch der Erwachsenenwelt eine Zeitreise zurück in die eigene Jugend beschert. Die Flucht aus der problemorientierten Gegenwart in eine Art Traumwelt, in der alles möglich zu sein scheint, ist eine turbulente Geschichte über das Erwachsenwerden, über Freundschaft und Vertrauen, wofür sie sogar mit dem deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet wurde.


Dennoch muss ich leider sagen, dass sich die Geschichte am Ende doch irgendwie in die Länge zog und im Großen und Ganzen eher vor sich hinplätscherte. Irgendwas hat mir gefehlt. Vielleicht wurden hier einfach zu viele Probleme auf einen Haufen geworfen, um sie am Ende dann doch nur anzuschneiden. Für Jugendliche ist es eine willkommene Abwechslung - gerade für Jungs und Lesemuffel. 

Von mir gibt es für den Roman somit heute 3 Herzen von 5.


1 Kommentar:

  1. Das ist eines dieser Bücher, die ich mir bestimmt schon hundert Mal angesehen habe, aber das mich nie restlos überzeugt hat. Deine Rezension hat mir definitiv weitergeholfen, ich werde es wohl doch nicht lesen (:

    Liebe Grüße,
    Casey

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