"Als wir in den Wellen tanzten"
Lucy Clarke: Das Haus, das in den Wellen verschwand | Piper | Juni 2017 | 384 Seiten | Taschenbuch | 9,99 € |
Für Lana gibt es nur einen wichtigen Menschen auf der Welt: ihre Freundin Kitty. Als sie gemeinsam eine Weltreise machen und auf der Segeljacht "Blue" anheuern, beginnt eine traumhafte Zeit. Doch bald wird Lana klar, dass jedes der Crewmitglieder ein dunkles Geheimnis hütet und an Bord nichts ist, wie es scheint. Sogar Kitty verbirgt etwas vor ihr, und ein Sog des Misstrauens droht, die "Blue" und alles, was Lana liebt, in die Untiefen des Ozeans zu ziehen.
Ich finde das Cover toll! Es passt hervorragend zu den anderen Taschenbüchern von Lucy Clarke und in diesem Fall auch zum Hauptcharakter Lana. Es spiegelt ihre zwei großen Leidenschaften wider: das Meer und das Malen. Letzteres hat sie sich sogar zum Beruf gemacht. Allerdings finde ich, dass der Originaltitel "the blue" einfach besser zum Buch und zur Geschichte passen würde. Denn darum geht es ja - um die "Blue", die sowohl Fluch, als auch Segen zu sein scheint.
Der erste Satz:
"Ein Körper treibt auf den Wellen, die blinden Augen in den düsteren Himmel gerichtet."
Zunächst muss ich sagen, dass ich diese Art von Roman einfach liebe. Lucy Clarke hat meiner Meinung nach eine Nische entdeckt, die es so irgendwie kaum gibt - hier knallen Krimi, Thriller und Liebesroman hemmungslos aufeinander. Ohne Rücksicht auf Verluste. Und das mag ich sogar sehr. Das ist auch der Grund, weshalb ich nach "Der Sommer an dem es zu schneien begann" ein weiteres Buch der Autorin lesen musste und auch ein drittes bereits begonnen habe. Ich muss allerdings auch vorweg nehmen, dass mir dieser Roman nicht so sehr gefallen hat, wie der letzte. Doch beginne ich einfach mal am Anfang...
Am ersten Satz des Buches merkt man schon, dass auch in diesem Buch der Tod eine nicht ganz unwesentliche Rolle spielt! Der erste Satz gehört zu einem Prolog, der den Leser neugierig macht und am Ende des Buches erneut aufgegriffen wird. Die Kapitel selbst switchen immer wieder zwischen dem "Hier und Jetzt" und dem Leben auf der "Blue" vor einigen Monaten hin und her. Im Prinzip spielt sich der Roman jedoch an nur einem einzigen Tag ab.
Lana und ihre beste Freundin Kitty bringt nichts auseinander - der Verlust ihrer geliebten Mütter schweißt die beiden bereits seit Kindertagen fest zusammen. Kitty ist auch dann an ihrer Seite, als Lana ein Geheimnis lüftet, dass ihr Vater seit Jahren vor ihr verheimlicht und somit ihr Vertrauen endgültig missbraucht hat. Eine Reise um die Welt soll Lana wieder auf andere Gedanken bringen - und so starten sie ihr Abenteuer auf den Philippinen. Hier begegnen sie den Crewmitgliedern der "Blue". Dazu gehören: Aaron, der sich als Skipper der Jacht herausstellt. Denny, der in Australien als erster zu Aaron auf die Jacht gekommen ist. Heinrich, der eigentlich aus Deutschland stammt und ein Auge auf die lesbische Shell geworfen hat. Shell fühlt sich von ihren Eltern hingegen missverstanden, weshalb sie einen Neuanfang wagen wollte. Und auch der Franzose Joseph ist Teil der Crew, bleibt allerdings meist lieber für sich allein. Nach einer demokratischen Abstimmen gehören nun auch Kitty und Lana zu den Mitgliedern und bekommen die letzten Plätze auf der Jacht. Was die beiden jedoch nicht wissen - das Abenteuer auf dem Meer wird spektakulärer als erwartet, nervenaufreibender als gedacht und ist mit vielen Geheimnissen gespickt.
Direkt im ersten Kapitel erfährt Lana von der schrecklichen Tragödie - die "Blue" ist gesunken und bisher wurde noch keiner der sich zum Unfallzeitpunkt an Bord befundenen Crewmitglieder gefunden - weder tot noch lebendig. Lana selbst befindet sich schon seit Monaten nicht mehr auf der Jacht - doch warum hat sie das Boot verlassen? Nicht nur diese Frage gilt es aufzuklären! Als Leser kommt man sich teilweise wie ein kleiner Detektiv vor, der gemeinsam mit Lana auf Spurensuche geht, um das Geheimnis der "Blue" und ihrer Crew auf die Schliche zu kommen. Leider ist es schwierig, hier weiter ins Detail zu gehen, ohne zu viel zu verraten. Doch eines ist sicher - irgendwie ist hier nicht so wie es scheint!
Aber natürlich darf auch die Liebe nicht zu kurz kommen. Lana verliebt sich in eines der Crew-Mitglieder und bricht damit die goldene Regel "Keine Beziehungen zwischen den Crew-Mitgliedern". Aber auch die Liebe zum Meer, zu den Landschaften und zum Detail werden nicht vernachlässigt. Lucy Clarke macht Lust auf Mee(h)r und vor allem auch aufs Reisen. Man hat beim Lesen den salzigen Geruch des Meeres in der Nase, spürt die leichte milde Brise des Windes auf der Haut und lässt sich in Gedanken von wärmenden Sonnenstrahlen kitzeln.
Ja er hat mich gewurmt und tut es immer noch! Der Schluss ist nicht nach jedermanns Geschmack. Es ist ein in sich abgeschlossenes Ende, was allerdings doch nicht so abgeschlossen ist, wie man zunächst meint. Der Epilog haut einen glatt noch einmal um! Man möchte am liebsten schreien und in das Buch hineinkriechen, um das Geheimnis aufzudecken, dass dem Leser am Schluss dann doch noch begegnet. Es ist wirklich ärgerlich, dass man mit seinen Gedanken am Ende einfach allein gelassen wird und das Buch schließen und ins Regal stellen muss. Es ist vorbei. Und da wird auch nichts mehr kommen. Schluss. Aus. Ende. Und irgendwie doch nicht....
Schade finde ich zunächst, dass die Erzählform recht merkwürdig gewählt wurde - ich persönlich hätte es besser gefunden, die Geschichte mithilfe von Lana als Ich-Erzähler zu erzählen. Ich glaube nicht, dass es dadurch zu Verständnisschwierigkeiten gekommen wäre. Der Leser hätte genau so viel Einblicke in die Situationen und die Gefühlswelten bekommen wie es nun auch der Fall war. Nur der Lesefluss hätte sich meiner Meinung nach schon deutlich verbessert. So stolperte man doch des öfteren über ein "sie" bei dem man nicht genau wusste, ob damit nun Lana oder doch Kitty gemeint ist.
Insgesamt finde ich es klasse, wie sich im Laufe des Buches alles zusammenfügt. Nach und nach kann man das Puzzle ergänzen und die jeweiligen Teile werden sowohl im Jetzt als auch in den Rückblenden immer weiter aufgedeckt. Ich finde allerdings, dass es am Ende dann doch immer holpriger wurde und immer mehr auf den Leser eingeprasselt ist. Man konnte das alles gar nicht so schnell begreifen. Dafür plätscherte es zu Beginn doch eher etwas dahin. Klar wollte man unbedingt wissen, was hinter all den Andeutungen steckte, aber mit jedem neuen Kapitel gab es auch wieder erneute Andeutungen, noch mehr Spekulationen und zusätzliche Informationen, die es zu sortieren galt. Klar - die Spannung war da. Aber verwirrend war es teilweise dennoch. Man konnte sich kaum gänzlich auf eine Situation detailliert einlassen.
Die Autorin schien erst so mutig. Und dann ruderte sie wieder zurück. Man war teilweise schockiert. Dann wieder erleichtert. Aber am Ende auch enttäuscht, dass Lucy Clarke diesen Schritt nicht gewagt hat und es nicht bis zum Ende durchgezogen hat. Also das Buch war und ist emotionsgeladen - Wut, Trauer, Freude, Witz, Gefühl ... was soll ich sagen. Und doch fällt es mir schwer, Punkte zu verteilen. Ich schwanke zwischen 4 und 3 Herzen - wobei ich es echt lesenswert finde. Da ich aber "Sommer für immer" mit nur 4 Herzen bewertet habe, es aber doch ein Stück besser fand als "Das Haus, das in den Wellen verschwand", gebe ich hier ganz knallig rote 3 Herzen und verziehe dabei etwas mein Gesicht.
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